Vergleichende Rezension – Robin Hood vs. Robin Hood
Der Stoff rund um den bogenschießenden Haudegen aus dem Sherwood Forest diente schon über dreißig Filmen als Grundlage. Sei es nun mit Sean Connery (Robin und Marian 1976), Cary Elwes (Robin Hood – Helden in Strumpfhosen 1993) oder Kevin Costner (Robin Hood – König der Diebe 1991). Die Legende mimt fast immer den Rächer der Armen, den Geliebten der Maid Marian und den überlegenen Gegenspieler zum Sheriff von Nottingham. Trotzdem schafft es jede Variante sich von ihren Vorgängern zu unterscheiden, jedoch nicht immer im positiven Sinne.
In dem kurzen Abstand von nicht einmal neun Jahren versuchten sowohl Ridley Scott (2010), als auch Otto Bathurst (2018) ihre Idee eines Robin Hood auf die große Leinwand zu bringen. Welcher von beiden hat jedoch am Ende wirklich überzeugt?
Unterstützt durch Russel Crowe (bekannt aus Gladiator) und 130 Millionen US-Dollar Budget, beginnt Scott 2009 die Dreharbeiten. Die Vorgeschichte der Legende wird ausschließlich im Norden Englands gefilmt. Der Regisseur verleiht der Atmosphäre, wie schon in „Gladiator“, seinen ganz eigenen Charme.
Der neue Robin, nun nicht mehr ein Adliger von Geburt an, wirkt weitaus realistischer. Er nimmt die Rolle des Robert Loxley erst in den Wirren des Krieges ein, als der eigentliche Namensträger verstirbt.
Russel Crowe, mit seinen damals 45 Jahren, repräsentiert einen gestandenen Mann, seine Motive erscheinen einleuchtend, sein rechtschaffenes Wesen unterstreicht perfekt den Helden, den man in Hood sehen möchte. Das sich abspielende Polit-Drama, lehnt sich deutlich stärker an die historischen Fakten des frühen 13. Jahrhunderts an. Neue Elemente sind dabei: die Magna Carta, der Aufstand der Barone, der Konflikt zwischen dem frisch gekrönten König John und dem König von Frankreich und viele Weitere. Es gelingt dem Regisseur all dies authentisch zu verarbeiten, ohne die Legende zu deformieren. Die 157 Minuten Spieldauer erscheinen etwas lang, dafür lässt sich in vielen kleineren Einstellungen der Umfang des mittelalterlichen Englands in all seinen Facetten genießen. Abgerundet durch dramatische Kampfszenen und bildgewaltige Panoramaaufnahmen lässt dieser Film nur wenige Kritikpunkte offen.
Dagegen hält nun die neuste Version des Klassikers von Otto Bathurst, der den Robin mit Taron Egerton (bekannt aus Kingsman) besetzt und sich mit Jamie Dornan (Will Scarlet) und Jamie Foxx (Little John) starke Unterstützung organisiert hat. Gedreht wurde größtenteils in Kroatien und Ungarn, was schon vorahnen lässt, dass man sich an dieser Stelle von einer klassisch englischen Kulisse verabschieden kann. Der Regisseur betonte schon vor dem Start des Films 2018 in den USA, dass diese Version über die bloße Ebene der Unterhaltung hinaus gehen würde. In 116 Minuten wird der Zuschauer mit einer sehr modernen Fassung des alten Stoffs konfrontiert, die an einigen Stellen unstimmig wirkt. Die Geschichte wird in vielen Momenten zu schnell erzählt, die Charaktere bleiben flach, die Verhältnisse wirken übertrieben und dem bübisch wirkendem Robin, nimmt man die Jahre des Kampfes und der Entbehrung nicht wirklich ab. Nottingham ist plötzlich eine Großstadt, das Bogenschießen des Protagonisten nimmt den Status einer Superkraft ein und Will Scarlet hätte genauso gut Anführer einer Antifa-Demonstration sein können. Aus Helden in Strumpfhosen werden plötzlich Jungs in Kapuzen, Polohemd und Jeans. Wer rational auf den Film blickt, kann erkennen worauf versucht wurde anzuspielen. Machtmissbrauch, die Kraft der Masse aufzubegehren und die schiere Ungerechtigkeit die wir auch aus unserer heutigen Zeit kennen, hätte so wirkmächtig verarbeitet werden können. Stattdessen erhält man einen Blockbusterverschnitt, der häufiger ungewollt komisch erscheint, als ernstzunehmend tiefgreifend. Nominiert wurde der Film bereits für mehrere Kategorien der Goldenen Himbeere 2019, unter anderem als schlechteste Neuverfilmung und das sagt auch schon alles.
Wer auf bloße Unterhaltung und jede Menge Slow Motion Effekte aus ist, wird mit Robin Hood (2018) keinen Fehler machen. Will man aber einen neuen Blick auf die schon so oft erzählte Geschichte erhaschen, unterstrichen durch fantastische Bilder und eine fesselnde Geschichte, sollte man sich an die Variante von Ridley Scott halten.
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