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Swain – „The Long Dark Blue“ – Rezension

by Martina Trovato

Swain – „The Long Dark Blue“

End Hits Records / Cargo Records

VÖ: 9. September 2016

by Swain

Mit dem Album „The Long Dark Blue“ schaffen die Wahlberliner Swain den Absprung aus dem bequemen Hardcore-Sound zu vermeintlich neuen Gefilden, ohne dabei zu tief in alten Plattenkisten gewühlt zu haben. Nach den ersten Takten des Openers „Hold My Head“ lässt sich ohne Zweifel erkennen, dass sich das Trio von Nirvana und deren Grunge Sound inspirieren lassen hat. Dennoch sind Swain dabei, durch eingängige Gitarren, einfache Rhythmen und ehrliche Texte, viel zu individuell als dass man ihnen dabei vorwerfen könnte kopiert zu haben.

Save yourself the trouble,

you can count on me to split.

I’ll never clean my room.

I’ll just move when I get sick of it.“

Der Refrain des Songs „Never Clean My Room“ gibt die deutliche Marschrichtung der Band vor. Sie mögen es unbequem und geben sich nicht mit Erreichtem zufrieden. Mit „Howl“ konnte die damals noch unter dem Bandnamen This Routine Is Hell bekannte Gruppe eine sehr gute Hardcore/Punk Platte abliefern. Jedoch ruhte sich die Band auf ihrem Erfolg nicht aus, benannte sich in Swain um, zog aus den Niederlanden nach Berlin und ließen nicht nur ein vertrautes geografisches Umfeld hinter sich. Dabei bildet die 2015 erschienene EP „Heavy Dancing“ einen passenden Übergang von krachenden Hardcore Riffs zu einem Sound, welcher deutlich breiter aufgestellt ist und an Stellen aneckt aber auch begeistert.

Swain polarisieren damit und mancher Fan mag sich vor den sturen Hardcore-Kopf gestoßen fühlen. Jedoch muss auch dieser nach mehrmaligem Hören feststellen, dass „The Long Dark Blue“ keine Abrechnung mit ihrer Vergangenheit ist. Vielmehr schafft es die Band, um Sänger Noam Cohen, sich in 13 Songs neu zu erfinden und sich dabei dennoch treu zu bleiben.

Inhaltlich trifft Melancholie auf aggressive Unzufriedenheit und paart sich stimmig mit gerader Rhythmik sowie eingängigen Melodien und lässt dabei Songs mit Ohrwurm-Garantie entstehen. „Never Clean My Room“ oder „Kiss Me Hard“ sind dabei fast schon kleine Hits und überzeugen durch simple, klare Arrangements sowie verträumte Refrains und könnten dadurch schon fast aus dem Proberaum der Indie-Helden Weezer stammen. Dazwischen, aber, schlagen Swain mit „It’s Hard To Make Friends“ sehr viel ruhigere Töne an. Fast schon düster meditativ oder gar gelangweilt zeigt die Band hier, dass sie im Songwriting keineswegs auf der Stelle tritt. Dieses beispielhafte Arrangement der verschiedenen Titel zieht sich durch das Album und hält den Hörer bei der Stange. Songs wie „Faze Me“ und „Hoping For It“ zeigen deutlich aus welcher Richtung die Band kommt. Angezerrte Gitarren treffen auf einen durchgängig wütenden Schrei-Gesang und bieten trotzdem einen erfrischend neuen Beitrag zum, etwas angestaubten, Hardcore/Punk-Genre. „Seen A Good Man (In A Bad Mood)“ und „Strange Way Down“ könnten beim Erklingen der ersten Töne fast schon Hidden-Tracks auf Nirvanas „In Utero“ sein, entwickeln sich dann aber doch sehr eigenständig und funktionieren auf dem Album viel zu gut um auf seine Referenzen reduziert zu werden.

Mit „The Long Dark Blue“ schaffen Swain ein mutiges Album, was immer noch irgendwie roh und jugendlich wütend ist und trotzdem zuweilen fast schon trocken und komisch daher kommt.

So seltsam es vielleicht ist an einigen Stellen Szene-Größen aus vergangenen Jahren zu hören, so erfrischend ist es jedoch festzustellen wie das Trio es schafft etwas ganz Neues zu kreieren. Dieses Album ist wirklich interessant und absolut empfehlenswert.

Album-Stream: https://swainswainswain.bandcamp.com

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