Studieren mit Kind – wer hilft mir?
Zu staatlicher, universitärer und privater Unterstützung beim Studium als Elternteil
Ein Kind ist in jedem Fall eine große Veränderung, egal in welcher Lebenslage man sich gerade befindet. Doch sollte diese Entscheidung davon beeinflusst werden, wie und ob man in seinem Studium mit Kind unterstützt wird? In vielen Köpfen steht fest, erst Karriere, dann Familie. Aber warum nicht beides zugleich? Welche Institutionen machen es möglich und wo gibt es noch Handlungsbedarf?
Damit das Studium mit Kind gelingt, gibt es ein paar Grundpfeiler, die es einem leichter machen können. Es ist wahr, dass Menschen, die Studium und die Versorgung der Familie vereinen, Organisationstalente sind. Häufig muss neben dem Studium noch ein Nebenjob angenommen werden und man muss sich nicht nur schnell um einen Kitaplatz kümmern, sondern am besten auch direkt das Urlaubssemester beantragen. Wobei man sich das auch in Ruhe überlegen sollte, denn im Urlaubssemester bekommt man kein Bafög und kann auch keine Prüfung ablegen. Daher lohnt es sich erst mal alle Alternativen abzuwägen. Da kommen wir auch direkt zum ersten wichtigen Pfeiler. Die Finanzierung. Es ist wichtig sich zunächst nicht verrückt zu machen, ob man Bafög bekommt, wenn man aufgrund vom Eltern sein wahrscheinlich nicht in Regelstudienzeit sein Studium abschließt. Natürlich sieht man einige Defizite beim Thema unabhängige Finanzierung, das wäre durchaus noch ausbaufähiger wie z. B. durch Elternunabhängiges Bafög etc. Denn das zu beantragen kann zeitaufwendig sein. Gerade in Zeiten der Coronapandemie, in der teilweise die Kinderbetreuung ausfällt aufgrund von Schließung, wird bei Studienverlängerung durch zusätzliche Betreuungsaufgaben, ein Zuschuss gezahlt. (vgl. §15 Abs. 3 S. 5) Schwangerschaft und Pflege eines Kindes bis 14 Jahren, zählt schon unter die sogenannten „Wichtigen Gründe“, um den Verlängerungsantrag fürs Bafög zu erhalten.
Wenn nun ein halbwegs wasserfester Plan zur Finanzierung des Studiums steht, kann man sich Gedanken über sein Zeitmanagement machen. Zunächst ist es wichtig sich nicht auf Biegen und Brechen darauf zu fokussieren sein Studium in Regelstudienzeit abzuschließen. Das kann den Druck, alles unter einen Hut zu bekommen, auf jeden Fall etwas hemmen. Für jeden ist diese Zeit ein Prozess und man muss selbst seine Strategien finden und herausfinden welche Dinge wichtig und welche eher unwichtig sind, damit man am Ende produktiv und mit einem sicheren Gefühl durch das Studium geht. Und das gilt tatsächlich auch für die neue Zeiteinteilung zum Lernen. Für die einen funktioniert das gut, wenn das Kind schläft, die anderen brauchen mal ein paar Tage „kinderfrei“ um in Ruhe zu arbeiten. Da bleibt nur der Tipp sich zu trauen nach Hilfe zu fragen und sich mit anderen Menschen auszutauschen.
Jetzt stelle ich euch ein paar Institutionen in der Umgebung Halle (Saale) und Leipzig vor. Vielleicht bekommt ihr einen groben Überblick, welche Möglichkeiten es gibt und an wen man sich wenden kann. In Halle gibt es den Studierendenrat mit einem extra Zweig für den Arbeitskreis ‚Studieren mit Kind‘ an der Martin-Luther-Universität. Dort haben Studierende oder ehem. Studierende es sich zur Aufgabe gemacht, Studierenden mit Kind eine Plattform zum Austauschen zu bieten, zum Beispiel für Tipps beim Kinder- und Elterngeld beantragen oder Erfahrungen zum Zeitmanagement zwischen Memory spielen und Klausurenphase. Außerdem ist der AK ‚Studieren mit Kind‘ sehr engagiert, wenn es um Vernetzung geht. Sie arbeiten eng mit dem Familienbüro und dem Studentenwerk zusammen und helfen Kontakte herzustellen. Dazu gibt es gleich ein paar Tipps, wo es auf dem Campus z. B. Rückzugsorte gibt. Tatsächlich ist die Seite übersichtlich und man findet schnell, was man sucht. Das Familienbüro der Uni Halle gibt vor allem Informationen für StudienanfängerInnen mit Kind und explizite Veranstaltungen, die zur Vernetzung dienen (sie verweisen auch auf den AK), wie zum Beispiel Familien Radtouren und Nachmittagstreffen. Zudem hat sich eine Studiengruppe zur Thematik Kinderbetreuung gegründet, in der Studierende unentgeltlich die Kinder von anderen Studierenden betreuen. Auch das Studentenwerk Halle hat es sich zur Aufgabe gemacht, Eltern und Kinder willkommen zu heißen, mit beispielsweise einem Begrüßungsgeld und einem kostenlosen Kinderteller in den Mensen. Dies finde ich ist eine nette Geste, aber für viele keine große Unterstützung. Natürlich wird auch geschaut, wie man die Eltern zum Thema Wohnraum und Finanzierung des Studiums unterstützen kann. Was man dazu sagen muss, die Eltern müssen sich viel engagieren und mit den verschiedenen Angeboten und damit zusammenhängenden Anträgen beschäftigen. Auch die Kitaplätze, die von der Uni gestellt werden, sind mittlerweile sehr begrenzt und das stellt ein Problem dar. Wobei man nicht vergessen darf, dass dieses Problem auch für nicht studierende Eltern zutrifft.
In Leipzig sieht es ähnlich aus, was die verschiedenen Angebote für Studierende mit Kind angeht. Die ‚Stabstelle Chancengleichheit, Diversität und Familie‘ von dem Familienservice des Gleichstellungsbüros der Universität Leipzig, zeigt viele Möglichkeiten zur Unterstützung auf und macht die Kontaktaufnahme einfach, in dem sie alle möglichen Themen aufführen und zu Beginn direkt mit der individuellen Beratungsmöglichkeit einsteigen. Was mich positiv überrascht hat auf der Seite ist, dass sie einen guten Überblick schaffen über verschiedenste Möglichkeiten. Auch Möglichkeiten zum Auslandsstudium mit Kind oder zum Thema Mutterschutz wird direkt aufgeklärt und zum Teil mit zusätzlichen Erklär Videos ausgestattet. Zum Thema Kinderbetreuung wird direkt auf die Stadtwerke, Stadt Leipzig und verschiede Kindertagesstätten verwiesen. Das heißt, wenn man nicht an der Universität Leipzig studiert, sondern in einer anderen Institution kann man sich auf der Seite viele Infos holen. An dieser Stelle möchte ich euch nochmal mithilfe eines Videos verschiedene Meinungen nahebringen. Zwischen Schnuller und Hörsaal: Studieren mit Kind an der Universität Leipzig
Außerdem haben wir uns (und euch) einen Einblick in das StuFaz (Studentisches Familienzentrum Leipzig) verschafft und sie gefragt, ob sie uns ein paar Fragen beantworten.
Seit wann gibt es das StuFaz und warum hat sich dieses gegründet?
Unser „StuFaz“ wurde im Oktober 2019 eröffnet. Durch unsere Beratung sind die besonderen Bedarfe für studentische Eltern immer wieder für uns sichtbar, daraus entstand dann die Idee ein Familienzentrum für Studierende zu konzipieren. Studentische Eltern haben neben den normalen Herausforderungen des Studiums auch noch weitere Verantwortung, die in den Alltag integriert werden muss. Oft muss der Studienalltag immer wieder neu angepasst werden, weil vielleicht das Kind krank geworden ist. Lernzeiten, Präsenzzeiten, wichtiger fachlicher Austausch mit Kommilitoninnen muss neben Haushalt, Kind, Arztterminen, Spielen …organisiert werden. Oft fehlt auch familiäre Unterstützung, da für das Studium der Wohnort gewechselt wurde. Durch die aktuelle Pandemiesituation ist diese Situation extrem verschärft.
Unser Ansatz war, dass studentischen Eltern ein Raum geboten wird, der Vernetzung und Austausch untereinander ermöglichen soll. Denn zu merken, man ist nicht allein ist schon viel wert. Durch die Vernetzung sollen „Betreuungsfreundschaften“ angeregt werden, so dass die Eltern gegenseitig auf die Kinder aufpassen können um so sich wertvolle Lernzeit zu schaffen. Außerdem bieten wir passende Kurse zu verschiedenen Themen an. Bsp: Outdoor-Bewegungskurs mit Kind, Entspannungskurs für studentische Eltern und noch einiges mehr. Hier finden Sie mehr dazu: https://www.studentenwerk-leipzig.de/beratung-soziales/studium-mit-kind/studentisches-familienzentrum-stufaz
Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt des StuFaz ist unser „Informationsauftrag“. Hierzu gehören vor allem unsere Beratungsangebote. Wir beraten aktuell per Telefon, per Videocall und auch persönlich. Wir bieten monatliche Informationsveranstaltungen zum Thema Studium mit Kind an, das wird auch sehr gut angenommen.
https://www.studentenwerk-leipzig.de/online-veranstaltungen-der-sozialberatung
Außerdem kann im StuFaz in Ruhe gestillt werden, es sind Spielmöglichkeiten für die Kleinen vorhanden und ein großer Arbeitstisch steht zur Verfügung. Nicht zu vergessen unsere kleine aber feine Bücherauswahl für Groß und Klein. Gemütliche Sofas und Sessel bieten die Möglichkeit auch mal kurz durchzuatmen.
Wie würdet ihr euren Arbeitsinhalt beschreiben?
Unsere beratende Arbeit ist inhaltlich stark an die Sozialgesetze gebunden, hier haben wir ein übergreifendes Wissen und bilden uns stetig weiter. Das Hochschulfreiheitsgesetz ist für uns ebenso eine wichtige Grundlage. Wir arbeiten mit einem gut aufgestelltem Netzwerk hochschulübergreifend und kommunal zusammen.
Daneben ist genauso unserer weiterer „Methodenkoffer“ wichtig, da wir oft auch in sensiblen Bereichen beraten. (Empowerment, Casemanagment, systemischer Ansatz, Ressourcenorientiert, Lösungsorientiert, Gesprächsführungsmethoden…)
Wir arbeiten präventiv, beraten auch in Akut-Situationen bis hin zu Vorbereitung auf den Übergang Exma/Arbeitsleben.
Themeninhalte in der Beratung Studium mit Kind sind u.a.:
SGB II
WOGG
BAföG
Säsch. Hochschulfreiheitsgesetz
Krankenversicherung
Kindergeld
BEEG (LEZG)
KiZ
BuT
Die Grundfrage ist in der Beratung ist: Wie finanziere und organisiere ich mein Studium/Leben der Familie in der sich verändernden Situation während Schwangerschaft und Kindererziehung oder auch Trennung und Erkrankung. Die Beratung begleitet oft das gesamte Studium in längeren (oder auch kürzeren) Abständen. Die Beratung ist immer sehr individuell.
Und hinsichtlich des Familienzentrums stellen wir uns immer wieder die Frage: Wie können wir die studentischen Eltern noch besser unterstützen und passende Angebote zur Verfügung stellen.
Welche Vorhaben für die Zukunft gibt es?
Die Angebote für das StuFaz sollen weiter ausgebaut werden. Ein Elternkurs ist in Planung und Vorbereitung, außerdem startet im Sommersemster 22 ein Alleinerziehenden Treff. Weitere geplante Formate sind: Vätertreff, Krabbelgruppe, Elterncafe, Eltern-Kind-Sportgruppe…
Das ist natürlich alles auch pandemieabhängig. Nicht jedes Format ist in Online umsetzbar.
Und wie hat die Corona Pandemie eure Arbeit beeinflusst?
Sehr stark. Das StuFaz ist seit 4/20 durchgehend geschlossen, lediglich einzelne Beratungsgespräche sind je nach Pandemie-Situation möglich gewesen und die Outdoor-Kurse konnten stattfinden.
Die Beratungsangebote wurden umgestellt und finden seither vorrangig online oder telefonisch statt. Die Informationsangebote wurden in Online-Formate umgewandelt.
In den Beratungen wird seither erheblich mehr von Überlastungssituationen berichtet, das Studium kann oft nicht wie geplant weitergeführt werden. Wir merken sehr, dass die studentischen Familien hoch belastet sind.
Natürlich sind auch bei der Umstellung der Beratungsformate die Anpassung der Beratungskompetenz ein ganz wichtiges Thema gewesen. Eine persönliche Beratung unterscheidet sich methodisch von einer Videoberatung oder Telefon-Beratung.
Auch die rechtlichen Änderungen, die während der Pandemie angepasst/erweitert wurden mussten immer wieder aktualisiert werden.
Genauso die hochschulrechtlichen Anpassungen.
Die Beratungsarbeit hat sich dadurch jedoch auch positiv weiter entwickelt und viele Dinge die vorher schwer vorstellbar waren funktionieren nun (Telefonberatung/Viedeoberatung/Onlineverastaltungen).
Ich hoffe, ich konnte mit diesem Beitrag einigen die Angst oder die Vorurteile nehmen, welche man mit der Thematik Familie gründen und nebenbei studieren verbindet. Ich habe festgestellt, dass es auf jeden Fall möglich ist eine Familie zu gründen und nebenbei noch zu studieren. Also wenn ihr Freunde, Verwandte, Bekannte habt die bei diesem Thema Zweifel haben, dann ermutigt sie, bietet eure Unterstützung an und macht sie auf die vielen Möglichkeiten aufmerksam.
Falls ihr euch für eine Persönliche Sichtweise einer Mama interessiert schaut in unserem ersten Artikel „Studieren als Mama – kann das gelingen?“ vorbei. https://blogs.hs-merseburg.de/comm/studieren-als-mama-kann-das-gelingen/
Ein Text von Rosa Große und Jule Floßmann
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