Polaroid – Neuentdeckung einer Ikone
von Sophie Weber und Lea Konitz

In den 90er Jahren stand Polaroid vor allem für Beschleunigung. Heute jedoch erfährt man vor allem Entschleunigung. Das hat auch damit zu tun, dass die Polaroid Filme heute etwa 30 Min. zur Entwicklung brauchen. Verschiedene Chemische Substanzen werden nämlich heute nicht mehr hergestellt oder dürfen aufgrund des Umweltschutzes oder gesundheitlichen Maßnahmen nicht mehr verwendet werden.
Das von Edwin Land (1909-1991) entwickelte Sofortbildverfahren setzte in der Zeit der Analogfotografie neue Maßstäbe in Sachen Schnelligkeit. Mit der ersten Polariodkamera (das Modell 95), das 1948 auf den Markt kam, hatten sowohl Amateure als auch Profis Zugang zu einem neuen Medium mit einzigartigem Charakter. Schnell beanspruchte Polaroid den Markt des Sofortbildes für sich und erlangte Kultstatus.

Was die Kamera ausspuckt ist etwas Einmaliges. Man kann nur mit Mühe ein ähnliches Bild nachstellen. Der Zufall spielt dabei eine große Rolle. Wie genau die chemischen Substanzen reagieren und sich das Bild letztendlich entwickelt, kann man nicht vorhersagen. Jedes Bild bleibt somit ein Unikat.
Mit der Entwicklung der Digitaltechnik wurde das Analoge zunehmend verdrängt. Die Reproduzierbarkeit und Geschwindigkeit im Digitalen bietet fast unendlich viele Möglichkeiten. So musste das Unternehmen 2008 die Produktion ihrer Filme endgültig aufgeben. Doch das war nicht das Aus für das Sofortbild. „The Impossible Project“ machte es sich zur Aufgabe die Polaroid-Technik zu erhalten und führte im gleichen Jahr die Produktion der Filme fort.
Obwohl die Nachfrage dieser alten Fototechnik wieder steigt, bleibt das Sofortbild ein Nischen-Medium. Trotzdem nutzen es viele Künstler aufgrund der Besonderheiten, die das Polaroid mit sich bringt.
Ich habe mich auf die Suche nach diesen Künstlern gemacht und möchte ein paar besondere Projekte vorstellen:
Before I die I want to…
von Nicole Kenney and KS Revivo
Seit 2008
Was möchtest du tun, bevor du stirbst? Mit dieser Frage haben sich die beiden beschäftigt und das Projekt gestartet. Rund um den Globus und durch alle Schichten des Lebens haben sie Interviews mit Menschen geführt über ihre Träume, Wünsche, Hoffnungen. Und letztendlich, diese eine Frage gestellt. Der Moment der Antwort wurde, ganz unverfälscht, mit einer Polaroidkamera aufgenommen.
A Polaroid Story
von Elisabeth Ouni
Seit 2009
Hip-Hop trifft Polaroid. Als ihr Jugendtraum, ein Foto von Pharrell Williams zu schießen, Realität wurde, entstand die Idee zu „A Polaroid Story“. Sie wollte Bilder von Musikern, DJs und weiteren kreativen Köpfen aus der Welt des Hip-Hops sammeln und das nur mit ihrer Polaroidkamera. Die Jagd nach ihren Idolen durch Backstagebereiche, vorbei an Fans, Security, Managment und vielen anderen Schwierigkeiten, hält sie – zusammen mit den Fotos – in ihrem Blog fest.
http://www.apolaroidstory.com/
Found Polaroids
von Kyler Zeleny
Seit 2015
Über Jahre hinweg hat Kyler Zeleny in verschiedenen Ländern Polaroids gefunden und gesammelt. Das Resultat war eine gigantische Sammlung von über 6000 Fotos. Und jedes Bild hat eine eigene Geschichte, einen Hintergrund. Die ursprüngliche Idee war die Bilder ihren rechtmäßigen Besitzern zurückgeben und ihre Geschichte dazu zu hören. Darum stellte er sie mehrfach aus und lud sie im Internet hoch. Aber er wollte noch einen Schritt weitergehen. Mittlerweile ruft er auch dazu auf fiktive Geschichten zu den Polaroids zu schreiben. Was könnte die Person gerade getan haben, wie kam das Bild zustande? Er eröffnet damit eine neue Betrachtungsweise der Bilder. Die Geschichten werden dann auf der Seite hochgeladen, damit jeder sie lesen kann.
http://www.foundpolaroids.com/
The girl behind the white picket fence (2013)
von Stefanie Schneider
1996 erstand Stefanie Schneider Kisten mit abgelaufen Polaroid-Filmen. Sie begann damit zu experimentieren, denn die veralteten chemischen Substanzen verhalten sich bei der Entwicklung völlig unvorhersehbar. Viele Projekte realisierte sie mit diesem Material, darunter vor allem ihre Reihe an Fotofilmen. Ihr aktuellster Film und erster Spielfilm (mit 60 Minuten) „The girl behind the white picket fence“ kombiniert über 4000 Polaroid-Bildern mit Super-8-Szenen, Musik und Dialogen. Ihre Werke sind in verschiedenen Ausstellungen, Programmkinos und Kultursendern auch in Deutschland zu sehen.
Buchempfehlung zum Thema Sofortbild:
Es gibt recht wenig Material zum Thema Polaroid, gerade wenn es um den künstlerischen Aspekt geht. Das Buch „Faszination der Einmaligkeit“ beschäftigt sich jedoch ausführlich mit der Sofortbildfotografie und deren Möglichkeiten in der Kunst. Es diente mir als Quelle, aber vor allem als Inspiration zu diesem Thema. Geschrieben wurde es von der ehemaligen Kultur- und Medienpädagogik – Studentin Lisa Paland und unserem Fotografie – Dozenten Thomas Tiltmann.
Bilder von Lea Konitz
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