Pilotprojekte – Hoffnung auf Normalität
Mit dem einheitlichen Infektionsschutzgesetz auf Bundesebene kann es zukünftigen Pilotprojekten erschwert werden, eine Genehmigung zu erhalten. Dabei spielen sie eine entscheidende Rolle beim Sammeln von Erkenntnissen zur Eindämmung des Infektionsrisikos von Covid-19 im öffentlichen Raum. Die Belastung infolge der anhaltenden Einschränkungen im alltäglichen Leben wird zunehmend spürbarer. Wie wichtig uns Freizeitaktivitäten sowie Kultur- und Sportveranstaltungen sind, zeigt eine Studie von YouGov in Zusammenarbeit mit Statista. Mit 57% der über 2000 Befragten ist der Restaurantbesuch auf Platz 1 der angestrebten Pläne nach der Pandemie. Nach Freunde bzw. Verwandte treffen und Verreisen zählen Konzerte, Partys und andere Veranstaltungen zu den oberen Prioritäten.
In diesem Beitrag wollen wir dir drei vielversprechende Pilotprojekte vorstellen, die aufzeigen wie das öffentliche Leben unter Pandemiebedingungen, anstelle einer dauerhaften Schließung, aussehen könnte. Vielleicht können wir anhand der gewonnenen Ergebnisse einen Blick in die Zunkunft wagen. Bei zwei der Modellkonzepte erwarten dich exklusive Interviews. Am Ende des Beitrags findest du zudem eine Übersicht über weitere spannende Pilotprojekte in Deutschland.
Die Restart-19 Studie
Die Restart-19 Studie der Universitätsmedizin Halle (Salle) war der weltweit erste Vorreiter in Bezug auf Pilotprojekte zum Thema Corona. Das Team um Dr. med. Stephan Moritz, Leiter der Infektiologie, hatte es sich zum Ziel gesetzt, herauszufinden unter welchen Voraussetzungen Hallen-Großveranstaltungen in der Pandemie ermöglicht werden können. Dafür wurde am 22. August 2020, in Kooperation mit dem Sänger Tim Bendzko, eine Konzertveranstaltung in der Quarterback Immobilien Arena in Leipzig organisiert, welche für eine Besucheranzahl von 4000 Probanden ausgerichtet war. Die Veranstaltungszeit wurde in drei Szenarien unterteilt, bei denen sich die Teilnehmenden in unterschiedlicher Sitzkonstellation befanden. Nicht nur der Konzertverlauf, sondern auch die An- und Abreise mit der Straßenbahn wurden simuliert. Das Infektionsgeschehen konnte sowohl über die Kontakt Tracker als auch dem im Schwarzlicht leuchtenden Händedesinfektionsmittel nachverfolgt werden, welche die Probanden beim Check-In erhielten. Über Luftströmungssimulationen wurde die Aerosolbewegung festgehalten. Trotz der Tatsache, dass die Wunschanzahl von 4000 Probanden am Veranstaltungstag nicht erreicht wurde, lieferte die Restart-19 Studie aussagekräftige Ergebnisse.
Du fragst dich was uns erwarten würde, wenn Großveranstaltungen wieder stattfinden könnten? Auch dafür gibt Dr. med. Stephan Moritz eindeutige Empfehlungen.
- Es sollte mehrere Eingänge zur Veranstaltung geben.
- Hygienekonzepte zur Besucherlenkung sollen Menschenmengen verhindern.
- Der Einsatz von Hygiene-Stewardess zur Einhaltung der Hygieneregeln ist empfehlenswert.
- Wartezonen sollten ins Freie verlagert werden.
- Die Anzahl der Besucher:innen sollte der Inzidenzzahl angepasst werden.
- Wenn Imbissmöglichkeiten angeboten werden, sollten die Besucher:innen an ihren Plätzen essen, um Wartschlangen zu vermeiden.
(Becker, C. 2021)
Du hast immer noch nicht genug vom Projekt Restart-19? In dem folgenden Interview mit einer Hygiene-Stewardess, erhälst du exklusive Einblicke wie es ist, bei einer wissenschaftlichen Studie mitzuwirken. Aufgrund des Annonymitätswunsches der Interviewpartnerin nennen wir ihren Namen nicht.
Konzerthaus Dortmund
Im Rahmen einer Studie hat sich das Konzerthaus Dortmund mit dem Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut und der Messtechnik-Firma Parteq zusammengeschlossen. Grund dafür war die fehlende Datenlage zur Aerosol Verteilung in Konzertsälen. Damit war sie die erste Erhebung, die den Zuschauerbereich untersucht hat. Hierfür öffnete das Konzerthaus am 2, 3 und 20. November seine Türen. Für den Versuchsaufbau wurde eine Schaufensteruppe namens Oleg mit Schläuchen in Mund und Nase präpariert. Darüber konnten genau definierte Mengen an Aerosol und CO2 abgegeben werden, um eine Atmung zu simulieren. Das Experimnet wurde dabei bewusst extremer gestaltet, als es unter Realbedingungen wäre. Zum einen ist die Partikelgröße der Aerosole kleiner gewesen, wodurch sie weiter fliegen und zum anderen wurde ein größeres Luftvolumen durch die ununterbrochenen Gasabgabe freigesetzt. Es wurden Szenarien mit und ohne Maske nachgestellt und Einflussgrößen wie die Wärmeentwicklung durch das Publikum untersucht.
Die Studie lieferte das Ergebnis, dass die Aerosol-Verbreitung auf die Nachbarplätze in allen Richtungen minimal bis kaum messbar ist. Wie schon bei der Restart-19 Studie ist auch hier, neben der Saalgröße, die Belüftung der ausschlaggebende Punkt dafür. Dabei sollte sie im Normalfall die Luft innerhalb von 20 min Abständen im gesamten Raum austauschen können. Die Ergebnisse sind auch für andere Opern-, Theater- und Konzerthäuser erfolgsversprechend, da die meisten eine ähnliche technische Ausstattung wie in Dortmund haben und somit übertragbar sind. Zusätzlich sollte die Sitzplatzbelegung nur zu 50% erfolgen. Das wohl überraschendste Ergebnis war, dass eine Maske im Konzertsaal wenig von Bedeutung ist. Vor dem Hintergund, dass es in den Gebäuden trotzdem enge Bereiche wie die Garderoben und Toiletten gibt, wird eine Maske empfohen.
(Möller, T. 2021; Neubauer, D. 2021)
Augustusburg
In der Stadt Augustusburg, in der Nähe von Chemnitz, startete in den ersten drei April Wochen ein Modellprojekt, welches ursprünglich bis Ende des Monats geplant war. Am 23. April entschied jedoch der Freistaat Sachsen das Projekt zu beendet. Grund dafür waren die zu hohen Infektionszahlen in Sachsen. Die Stadt beschreibt das Projekt als einen vollen Erfolg, da die Zahlen innerorts trotz der Öffnung von Museen, Gastronomie und Hotels nicht weiter gestiegen sind, sondern im Mittelfeld blieben.
Innerhalb des Modellprojektes hatten Besucher:innen die Möglichkeit sich in Hotels, Gaststätten und Museen aufzuhalten. Mit vorheriger Anmeldung und einem tagesaktuellen negativen Corona-Test konnten pro Tag bis zu 360 Menschen in Augustusburg begrüßt werden. Technisch wurde das ganze mit QR-Codes organisiert, die dann von den jeweiligen Betreibern abgescannt werden konnten. Die elektronische Eintrittskarte war 3 Tage lang gültig und konnte danach unter der Bedingung eines erneuten Schnelltests verlängert werden. Die Einwohnerschaft der Gemeinde konnte sich ebenfalls täglich testen lassen. Insgesamt haben an dem Projekt 10 Lokale und 9 Übernachtungsanbieter teilgenommen.
(MDR Sachsen 2021)
Auch zu diesem Pilotprojekt gibt es ein exklusives Interview mit einer Besucherin für dich. Erneut nennen wir den Namen der Interviewpartnerin nicht aufgrund ihres Annonymitätswunsches.
Du willst noch mehr über die Vielzahl an Pilotprojekten erfahren? Dann findest du hier weitere Modellkonzepte innerhalb Deutschlands.
Quellen:
- Becker, C. (2021): RESTART-19-FAQ, URL: https://restart19.de/faq/, zuletzt besucht am 29.04.2021.
- MDR Sachsen (2021): „Modellprojekt zur Öffnung in Augustusburg gestartet“, URL: https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/chemnitz/floeha-hainichen/corona-start-modellprojekt-augustusburg-100.html, zuletzt besucht am 28.04.2021.
- Möller, T. (2021): „Aerosol-Verteilung in Konzertsälen minimal“, URL: https://www.deutschlandfunk.de/detail.1993.de.html?dram:article_id=490638+zuletzt+08.04.2021, uletzt besucht am 29.04.2021.
- Neubauer, D. (2021): „# neustart Augsutusburg“ URL: https://augustusburg.de/teilnahme, zuletzt besucht am 28.04.2021.
- Suhr, F (2021): Die häufigsten Pläne nach der Panemie, URL: https://de.statista.com/infografik/24071/die-haeufigsten-plaene-nach-der-pandemie/, 02.02.2021.
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