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Partys mit finanziellen Folgen von Corona

Wie Clubbesucher:innen Kredite reduzieren können

Quelle: Pixabay

Ein paar Bierchen in der Lieblingskneipe in bester Gesellschaft mit der Option, den Abend im Club tanzend ausklingen zu lassen. Feiern, als wäre es nie anders gewesen. Ein Wunsch, der sich in den nächsten Wochen wohl verwirklichen lässt, denn die Leipziger Clubs planen ihre Reopenings und das nach einer viel zu langen Pause.

Lauter Bass, viele Menschen, schnelle Lichter. Drinks und Tanzen bis die Schweißperlen auf der Stirn stehen. Pure Nostalgie.

Knapp zwei Jahre haben Clubbesucher:innen genau das vermisst. Diesen Zustand, der sich nicht so leicht beschreiben lässt. Ein Zustand, der nur ein belebter Club fühlen lassen kann. Besonders solche Kulturstätten litten unter den pandemiebedingten Einschränkungen. Künstler:innen ohne Auftritte, hohe Kredite, um die Existenz des Clubs vorerst zu sichern und Personal, welches sich zum Teil einer anderen Branche widmete. Leipzig ist sich der Auswirkungen der Pandemie auf das Clubgeschehen schon nach dem ersten Lockdown bewusst gewesen. Die Stadt will helfen und das tut sie auch.

Damit die Clubszene in Leipzig nicht auf sich alleingestellt ist, wurde 2020 die Botschaft der Nacht gegründet. Sie soll die Zusammenarbeit der Stadt mit den Clubs verbessern. Die Botschaft besteht aus einer Doppelspitze: auf der einen Seite der Fachbeauftragte für Nachtkultur Nils Fischer, welcher dem Kulturdezernat unterstellt ist und in der Öffentlichkeit meist „Nachtbürgermeister“ genannt und auf dem Konterpart der Szene, der „Koordinierungsstelle Nachtleben“, die dem NachtRat vorsteht. Die Seite der Szene ist personell aus finanziellen Gründen allerdings noch nicht besetzt. Der NachtRat sagt dazu: „Wir sind als NachtRat gerade aktiv in der Fördermittelakquise für die Koordinierungsstelle, da das Arbeitspensum nicht dauerhaft im Ehrenamt zu bewältigen ist.

Schon im ersten Entwurf des Konzepts war die Finanzierung beider Stellen der Doppelspitze vorgesehen und es zeigt sich, dass auch die Besetzung beider Stellen für ein Funktionieren des besonderen Leipziger Konzepts immanent ist“. Trotzdem habe Fischer schon „das Gefühl, dass es auch den Vertreter:innen der Szene und auch der Verwaltung jetzt schon hilft. Ich habe mich natürlich bemüht, mich schnellstmöglich mit den Akteur:innen der Szene und der Verwaltung zu vernetzen, um meiner Rolle als Übersetzer und Mittler auch gerecht werden zu können.“ Auch der NachtRat zieht bisher ein positives Fazit der Zusammenarbeit: „Aus Sicht der verschiedenen im NachtRat vertretenen Kulturinitiativen und nachtkulturellen Akteur:innen ist die Zusammenarbeit mit Stadt und Verwaltung im Verlauf der Pandemie als zunehmend aufgeschlossener und produktiver wahrgenommen worden. Bereits bestehende Netzwerke sind durch die verstärkte interdisziplinäre Zusammenarbeit während der Pandemie gestärkt und ausgeweitet worden.“

Seit 2020 gibt es mindestens einmal im Monat ein Treffen zwischen den Kulturverbänden Leipzigs, der Kulturbürgermeisterin, dem Kulturamt und dem Amt für Wirtschaftsförderung. Daraus entstanden ist zum Beispiel das Modellprojekt „Kultur“, das Öffnungskonzepte für Clubs mit einer PCR-Testinfrastruktur erprobte. So zum Beispiel im Club Distillery. „Weiterhin stellte und stellt die Stadt Leipzig der Freien Szene zwischen 2020 und 2022 jährlich 150.000 € für die Durchführung des OUTSIDE-Festivals zur Verfügung, um Auftrittsmöglichkeiten für Leipziger Künstler:innen auch in Zeiten der Pandemie zu schaffen. Es wurde ein Stipendienprogramm des Kulturamts aufgelegt, die Zuwendungsbestimmungen für die städtische Kulturförderung wurden vereinfacht, es gab eine Hilfe für Soloselbstständige in Höhe von einmalig 2.500 €, es gibt mehr Informationen über Fördermöglichkeiten – der Infoverteiler des Kulturamts erreicht mittlerweile über 700 Kulturschaffende über Leipzigs Grenzen hinaus.“, so Fischer.

Trotzdem waren die meisten Clubs auf die Hilfe der Bevölkerung angewiesen und mussten sich alternative Konzepte überlegen, um über die Runden zu kommen. So dankt das IFZ, der über Leipzigs Stadtgrenze hinaus wohl bekannteste Technoclub, auf ihrem Instagram Account am 29. März den Unterstützenden für ihre Beteiligung an Crowdfunding, Livestreams, dem Kauf von Merchandise Artikeln, den Open Air Veranstaltungen und dem Unterstützen der Radioshows und Podcasts. Zukünftige Besuchende müssen sich auch auf einen erhöhten Eintritt von 15 € einstellen. So sollen faire Löhne und der schnelle Abbau von angesammelten Schulden gewährleistet seien. Getränkepreise sollen aber vorerst nicht angehoben werden: „Jede*r soll sich eine Nacht im Club leisten können“, schreibt das IFZ dazu. Auch die Distillery musste sich anpassen und hatte sich kurzerhand zum Testzentrum umdisponiert. So konnte man Angestellte weiterbezahlen und die Freunde des Feierns zumindest beim Testen ein wenig Technomusik lauschen lassen.

Die Botschaft der Nacht sieht neben Fragen der Finanzierung und wirtschaftlichen Unterstützung auch noch andere Ungewissheiten in der Zukunft: „Kommt das Publikum in die Spielstätten zurück? Lässt sich genug (Fach-)Personal für den Betrieb der Kulturstätten, das mittlerweile teilweise in andere Branchen abgewandert ist, zurückholen oder neugewinnen? Aber auch braucht es klare Perspektiven der Bundes- und Landesregierung in Richtung Herbst und Winter 2022. Werden in einer nächsten Corona-Saison die Clubs und Livemusikspielstätten wieder als erstes schließen müssen, wenn nicht für eine verbindliche PCR-Testinfrastruktur gesorgt worden ist im Laufe des Sommers?“ Dabei zeige das Beispiel des letztjährigen Modellprojekts Kultur, „wie es möglich ist sichere Innenräume für das Erleben von Kultur und den sozialen Austausch zu schaffen.“

Das Clubgeschehen ändert sich und die Kulturstätten benötigen auch weiterhin Unterstützung. Sowohl von der Stadt als auch von den Feiernden. Die Ausgaben für einen Clubbesuch steigen momentan nicht nur wegen laufender Kredite, auch höhere Lebenserhaltungskosten tragen dazu bei.

Wir alle haben das vielfältige Kulturangebot Leipzigs vermisst. Damit Künstler:innen, Clubbetreiber:innen, Gastronomen und viele weitere Menschen zukünftig nicht um ihre Existenz bangen müssen, geht feiern. Feiern, wie vor der Pandemie.

Verfasst von Lena Reiss, Esther Wichmann, Jonas Pfennig und Rebecca Gleffe 

Quellen:

https://www.instagram.com/institutfuerzukunft/ https://www.instagram.com/distillery_leipzig/

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