Hochschule Merseburg verbietet solidarischen Gutscheintausch
Ein Kommentar von Chris Janecki
Der Saalekreis und die Ausländerbehörde in Merseburg unter der Leitung Jan Rosensteins, zeichnen sich durch eine besonders schwere Sanktionsmaßnahme aus. Denn nur wenige Ausländerbehörden in ganz Deutschland kürzen Leistungen um 50 % und geben den Restanspruch durch Gutscheine der Firma Sodexo aus.
Das Café Internationale, von Studierenden initiiert, setzt sich seit Beginn dieser Maßnahmen im Herbst 2017 mit dieser menschenverachtenden und rassistischen Art der Sanktionierung auseinander. Es versucht sich solidarisch mit den Betroffenen zu zeigen und einen Weg zu finden diese Praxis nicht ohne Wiederspruch geschehen zu lassen. Dazu findet ein regelmäßiges Café statt, Kundgebungen wurden organisiert und die Möglichkeit geboten Geld gegen Gutscheine zu tauschen. Seit dem 09.12.19 jedoch wurde es dem Café, seitens der Hochschule Merseburg untersagt, Gutscheine in Bargeld zu tauschen.
Betroffen von dieser Art der Sanktionierung sind potenziell alle Geflüchtete, deren Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht vollziehbar ist. Sie erhalten den Status der Duldung(1). Seit Herbst 2017 ist es gängige Praxis der Ausländerbehörde Merseburg Gutscheine als Sanktionsmaßnahme zu nutzen.
Menschen im Duldungsstatus haben laut Asylgesetz(2) eine Mitwirkungspflicht. In den meisten Fällen handelt es sich um die Beschaffung ihres Passes. Dieser soll hierbei die Ausreise der betroffenen Person in das Ursprungsland sicherstellen. Falls dieser Pflicht, die auch die Mitwirkung an der eigenen Abschiebung bedeutet, aus Sicht der Ausländerbehörde nicht ausreichend nachgekommen wird, sind Sanktionen möglich. Ein Arbeitsverbot, die Einschränkung der Sozialleistung, die Reduzierung auf Sachleistungen und weitere Nachteile im Asylverfahren zählen zu den Sanktionen von denen meistens Gebrauch gemacht wird.
Ein Gutschein bedeutet für die Betroffenen dann nicht nur die Kürzung ihrer Leistungen um 50%, eine Verschärfung ihrer prekären Lage und eine direkte Stigmatisierung beim Einkaufen, sondern auch zweimal monatlich zur Ausländerbehörde in Merseburg anreisen zu müssen, um sich die neuen Gutscheine abzuholen. Damit einhergehend ergeben sich weitere Probleme, denn die Gutscheine beschränken den Einkauf auf Nahrungsmittel, Hygienemittel, Bekleidung und Hausrat. Somit lassen sich essenzielle Dinge wie Medikamente, Fahrkarten und Handyguthaben nicht mit ihnen kaufen. Wie sollen sanktionierte Betroffene aus dem ganzen Saalekreis zweimal im Monat nach Merseburg reisen oder zum Supermarkt fahren? Wie soll das „Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums“(3) damit garantiert bleiben?
Durch das Verbot der Hochschule Merseburg, mit der Begründung sie habe die „Festlegungen und Verwaltungsvorschriften der öffentlichen Hand zu berücksichtigen“, verhindert sie plötzlich eine jahrelang durchgeführte antirassistische Praxis. Ohne Rücksicht auf Betroffene wird somit der einzige Weg, der den Betroffenen in Merseburg bleibt, um ein Stück Selbstbestimmung zurück zu erlangen verhindert. Sie unterstützt dadurch aktiv die rassistische Politik des Saalekreises und entzieht sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung.
Das nächste Cafè Internationale findet am 27.02.2020 im Haus der Studierenden statt. Das Café Internationale freut sich über interessierte Menschen, die der rassistischen Praxis etwas entgegensetzten wollen.
Jetzt ist es ein guter Artike. Mach weiter so!