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Gerechtfertigter Produkthype oder alles Placebo?

Hanf befindet sich schon längst nicht mehr „nur“ in der gesetzlichen Grauzone.
Ob in Schokolade, Öl, Duschgel oder Salben – Produkte, welche mit der angeblichen Heilungszutat Hanf versehen sind, werden neuerdings in herkömmlichen Drogerien und Supermärkten verkauft. Ein regelrechter Boom. Vor allem das aus der Pflanze gewonnene Cannabidiol (CBD) wird zur Entspannung im alltäglichen Gebrauch vermarktet, in welcher Form ist hier Geschmackssache.

Doch wie wirkt CBD eigentlich? „Es gibt keine Faustregel“, sagt Max, ein Mitarbeiter im „Platta“, einem CBD-Shop in Leipzig in der Windmühlenstraße. „Nicht jeder Mensch ist gleich. Nicht jeder nimmt die Cannabinoide gleich auf. Das hat oft viel mit psychischen Sachen im Alltag zu tun. Jeder ist unterschiedlich belastet, der eine vielleicht mehr körperlich, der andere mehr psychisch“.

Die möglichen Einsatzgebiete sind groß: von Muskelverspannungen, Schlafstörungen, Angststörungen über Depressionen, Krebs und Diabetes. Die Liste ließe sich ewig fortsetzen. Die Verheißungen sind groß, dabei ist die Wirkung von CBD als Arzneimittel gar nicht bewiesen: „Im Endeffekt ist CBD nicht ausreichend erforscht. Viele Mediziner sind jedoch aufgrund der ungenauen Ergebnisse der Meinung, dass CBD zu früh auf den Markt gebracht wurde.“, sagt Dr. Meyer. „Es wurden schon doppelt blind Studien durchgeführt, bei welchen unterschiedlichen Patienten ein Placebo Präparat oder CBD verabreicht wurde. Patient und Therapeuten wussten dabei beide nicht, welches von beiden verabreicht wurde, damit die Ergebnisse nicht in eine Richtung tendieren. Diese Studien sind jedoch nicht eindeutig. Generell ist es so, dass CBD bei vielen unterschiedlich, bis gar nicht anschlägt.“
Dessen sind sich seriöse CBD-Läden aber auch bewusst: „Wir als Unternehmen sind immer zwiegespalten, ob es wirklich hilft oder nicht. Die Studien sind ja nicht hundertprozentig eindeutig. Anhand unseres Feedbacks unserer Kunden kann ich aber nur positives wiedergeben“. So verspreche man den Kunden auch keine Wunder und arbeite mit Ärzten zusammen und hat das Ziel einen seriösen Beitrag zur Aufklärung zu leisten. Das ist nötig, da es auch „viel Schwachsinn auf dem Markt gibt“, so Max. Produkte wie sogenannte „Liquids“, selbst zusammengemischte Mischungen, die eine ganz andere Wirkung haben und abhängig machen können. Das Platta bietet deswegen nur drei EU-zertifizierte Produkte an: Blüten, Hasch und Öle. Unseriöse Produkte wie Liquids oder Wärmegele werden nicht angeboten.

Der Großteil der Kund:innen willen aber auch gar keine schweren Krankheiten heilen oder verspricht sich medizinischen Nutzen. Denn hauptsächlich wird CBD als Ersatzprodukt für THC-haltiges Cannabis verwendet. Das weiß auch Max: „Vor allem Menschen, die dieses psychoaktive beim Konsum nicht ganz so stark haben möchten. Mit CBD-Blühten kommt man viel besser im Alltag klar. Man ist nicht so verballert, hat aber trotzdem den Geschmack und das Feeling.“ Das hat vielen auch geholfen aus „gewissen Zwickmühlen rauszukommen“. Man könnte also sagen, CBD ist ein bisschen wie die E-Zigarette für Raucher, oder um es drastischer zu formulieren, das Methadon für Abhängige dieser Art. Warum man als THC Konsument auch Interesse an CBD haben könnte? Laut Max ganz einfach: „Ein gesundes Ausgleichgewicht für den Konsumenten sollte schon vorhanden sein. Man sollte sich nicht einseitig ernähren“.

Das CBD aber nicht nur Placebo sein muss, sagt auch Dr. Meyer: „Es gibt durchaus aktive Wirkstoffe in CBD, durch die eine mögliche Wirkung nachgewiesen werden kann. Es gibt also Hinweise, dass es hilft, jedoch ist dann die Frage, ob das eindeutig besser ist als Placebo. Das konnte in den Studien nicht eindeutig nachgewiesen werden. CBD kann also einen Placebo Effekt haben, aber nicht unbedingt ausschließlich“. Er selbst habe CBD auch schon zweimal bei verschiedenen Fällen von Multipler Sklerose verschrieben, allerdings beide Male ohne Wirkung.

Wie ist CBD also letztendlich zu bewerten? Wirkt es oder wirkt es nicht? Dr Meyer sagt dazu: „Es ist eine große Strömung, die sehr modisch ist, aber ob sie ihr Versprechen hält, ist noch nicht geklärt, würde ich sagen. CBD wird weiterhin zahlreich untersucht, sowohl bei depressiven als auch bei schizophrenen psychischen Erkrankungen und solange es einigen hilft, ob Placebo oder nicht, würde ich es erstmal als positiv bewerten.“ Die Produkte im Platta sind rein auf pflanzlicher Basis ohne Psychopharmaka. Die Gefahren sind also eher gering. Max sagt daher: „Wenn man es nicht ausprobiert, weiß man es auch nicht“. Falls man also CBD ausprobieren möchte, ist es ratsam nicht einfach wild im Internet Produkte zu bestellen, sondern am besten in einen seriösen Shop wie das Platta zugehen und sich beraten zu lassen. Dort trifft man dabei hoffentlich auf einen ehrlichen Verkäufer wie Max der sagt: „CBD kann helfen, aber es muss nicht“.

Verfasst von Esther Wichmann, Jonas Pfennig und Rebecca Gleffe

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