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Genau die Richtigen

„Die Prinzen“ sind eine der erfolgreichsten deutschsprachigen Bands überhaupt. Am Tag der Deutschen Einheit begeisterten sie auf dem Marktplatz in Halle über 8000 Menschen – und kaum eine Band hätte zu diesem Anlass besser passen können.

Die Botschaft war klar. „Mein Einhorn ist wichtiger als Deutschland“ stand auf dem Schild einer jungen Frau, die mit einer Hand voll Demonstrierenden gerade auf den halleschen Marktplatz gekommen war, um beim Konzert der „Prinzen“ am 26. Tag der Deutschen Einheit diese und weitere linke politische Losungen kundzutun. Gegen Deutschland, gegen dessen Nationalfeiertag, so der offensichtliche Plan, und deshalb auch gegen dieses kostenlose Konzert, zu dem die Stadt Halle am 3. Oktober 2016 auf die Westseite des Markts eingeladen hatte. Egal, wie man inhaltlich zu derartigen Aussagen stehen mag: Aus den jungen Demonstrationswilligen wurden an diesem Abend jedenfalls innerhalb von kurzer Zeit begeisterte Zuschauer des Konzerts.

Denn so pathetisch es auch klingen mag: „Die Prinzen“ schafften eine wunderbar stimmungsvolle und friedliche Atmosphäre, die auf dem prall gefüllten Marktplatzes jeden ansteckte und die in Zeiten wie diesen an einem politischen Feiertag nicht besser hätte passen können.

Das Vokalensemble aus Leipzig, 1987 zunächst als „Die Herzbuben“ gegründet, hat in Ostdeutschland eine breite Anhängerschaft in allen sozialen Schichten, bei Jung und Alt. Seitdem sie sich – tatsächlich aufgrund der Namensähnlichkeit zu den Wildecker Herzbuben – dann 1991 in „Die Prinzen“ umbenannten, brachte die Band insgesamt elf Studioalben auf den Markt. Die fünf Sänger, allesamt im renommierten Leipziger Thomanerchor oder im Dresdener Kreuzchor ausgebildet, haben es in den vergangenen 25 Jahren „Die Prinzen“ dabei zu fast sechs Millionen verkauften Tonträgern geschafft und gelten als eine der erfolgreichsten deutschsprachigen Bands überhaupt. Anfangs eher im klassischen A-cappella-Stil gehalten, gewann der Sound der Band ab Mitte der 90er Jahre deutlich an typischen Rock- und Popmusik-Elementen, was den in Ostdeutschland verwurzelten und gefeierten „Prinzen“ mit Songs wie „Schwein sein“ oder „So viel Spaß für wenig Geld“ auch zu gesamtdeutschen Erfolgen verhalf.

Beim Konzert an diesem Abend, gleichzeitig Abschluss einer langen Sommertournee, waren erwartungsgemäß Lieder aus allen Schaffensperioden vertreten. Kurz vor Konzertbeginn hatte es an diesem bis dato überaus ungemütlichen Montag aufgehört zu regnen, und so waren über 8000 Menschen zur groß aufgefahrenen Bühne gekommen, die sich auf dem Marktplatz wunderschön die Altstadtkulisse zwischen Marktkirche und Roten Turm einfügte. Die Strahlkraft der Band ist in ostdeutschen Städten also nach wie vor immens. Es schien so, als seien Kinder und Jugendliche einer ganzen Generation mit ihren Liedern aufgewachsen, und auch deren Eltern begleitete die „Prinzen“-Musik offensichtlich durch die 90er und 2000er Jahre. Die ersten beiden Songs „Gabi und Klaus“ und „Millionär“, beides gewissermaßen „Klassiker“ vom ersten Album „Das Leben ist grausam“, zog die
bunt gemischte Menschenmenge dann auch direkt in ihren Bann. Dabei war die Stimmung im Publikum nicht überschwänglich oder fanatisch, sondern schlicht und einfach gut, positiv und für alle Beteiligten wohltuend. Und genau das ist es, was „Die Prinzen“ an diesem Abend auszeichnete: Sie brachten Menschen zusammen, Leute aus allen sozialen Milieus, Jung und Alt. Hierzu passte es, dass die Lautstärke weniger der eines krachigen Rock-Konzerts entsprach, sondern eher familientauglich gehalten wurde. Gekonnte Anspielungen auf die Stadt Halle in Ansagen und Songtexten ließen eine angenehme Nähe zwischen Band und Publikum entstehen, und auch den „Prinzen“ selbst, wenige Stunden zuvor noch bei den offiziellen Einheitsfeierlichkeiten in Dresden aufgetreten, merkte man den Spaß am Auftritt in Halle deutlich an.

Dabei rückte der Kontext der Veranstaltung beinahe in den Hintergrund. Denn in politisch brisanten Zeiten wie diesen ist es sicherlich nicht einfach, anlässlich des Nationalfeiertags als Künstler öffentlich aufzutreten. Doch die „Prinzen“ schafften es, auf wahrlich angemessene Art und Weise in diesem Rahmen für gute und friedliche Stimmung zu sorgen. Ganz ohne jegliche „Deutschtümelei“, aber auch, ohne vielen Menschen den Stolz auf die vor 26 Jahren erreichte Wiedervereinigung streitig zu machen. „26 Jahre Einheit, und 25 Jahre ‚Die Prinzen‘“, betonte Frontmann Sebastian Krumbiegel mehrfach. Und positionierte sich gleichermaßen in vielen Textpassagen und mit einigen unmissverständlichen Gesten gegen rechts und den aktuellen Rechtspopulismus. „Sprayst du an die Wand eine hohle Naziparole, dann möchte ich […], willst du einem in die Fresse hau’n und bist im Kopf schon ganz braun, dann möchte ich […], wenn du einen ‚Kanaken‘ nennst weil du seine Sprache nicht kennst, dann möchte ich…dann möchte ich ‘ne Bombe sein und einfach explodier’n!“, heißt es im umjubelten Lied „Bombe“. Und im Song „Mein Fahrrad“ ist der Drahtesel von Sänger Tobias Künzel auch nicht braun, weil er „braun nicht leiden kann“. Die 8000 Zuschauer waren begeistert.

„Die Prinzen“ waren an diesem Abend wohl genau die Richtigen, um am Tag der Deutschen Einheit ein Konzert auf dem Halleschen Marktplatz zu geben. „Die Prinzen“ feiern ihr 25-jähriges Bühnenjubiläum, sind damit nur ein Jahr jünger als die Deutsche Einheit. Sie stehen allein dadurch und durch ihre die Beliebtheit, die ostdeutsche Biografie und ihren gesamtdeutschen Erfolg wie kaum eine andere Band für die Wiedervereinigung und die Nach-Wende-Zeit, vor allem aber dafür, Menschen aller Bevölkerungsschichten zu erreichen und im Positiven zusammenzubringen. Und selten war dies, so scheint es, wichtiger als in diesen Tagen. Ob man die Musik der „Prinzen“ gut oder weniger gut findet, kann dabei fast zur Nebensache werden. Eine stimmungsvolle, friedliche und positive Atmosphäre zu schaffen, ohne dabei eine Haltung vermissen zu lassen, genau darauf kam an diesem Abend an.

Unweit der linken Protestierenden haben sich an diesem Abend übrigens auch zwei Herren mit spärlicher Haarpracht und „Lonsdale London“-Jacken eingefunden, Leute also, die man eher der politisch völlig entgegengesetzten Seite zuordnen würde. Auch ihnen hat das Konzert sichtlich gefallen, und zwar in Gänze. Dass sie, so wie alle anderen zigtausend Zuschauer, den Auftritt genossen und den Worten der „Prinzen“ zugehört haben, darf durchaus als Schritt in eine gute Richtung verstanden werden.

Foto: „Die Prinzen“ by Marco Maas, https://flic.kr/p/2UpBcx
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