Engagement für Tier- und Menschenwohl
Halle feierte sein zweites veganes Sommerfest

Tierisch was los
Halle (Saale), 2 Juli 2016 – Am Samstag, dem 2. Juli 2016, steppte auf dem Marktplatz in Halle der Bär – oder eher die Kuh, und zwar zur von der Bühne erklingenden musikalischen Untermalung. Die Kuh sorgte für einigen Gesprächsstoff, und das war auch ihr Ziel. „Massentierhaltung abschaffen“, war auf der Fahne an ihrem Rücken zu lesen. Die Kuh konnte sich auf dem Marktplatz frei umherbewegen und bei Bedarf auch wieder aus ihrem Kostüm schlüpfen. Frei sind die sogenannten Nutztiere, zu denen auch Kühe zählen, heutzutage nur noch selten. In Halle haben engagierte Menschen den vergangenen Samstag genutzt, um im Namen der Tiere ein Zeichen zu setzen – ein Zeichen dafür, dass es ohne die Ausbeutung von Tieren durch Menschenhand und damit auch ohne Nahrungsmittel aus tierischen Bestandteilen geht.
Vegan für (H)alle
Das letzte und erste vegane Sommerfest in Halle fand im Mai 2014 statt; die Städte Halle und Magdeburg wechseln sich mit dieser Veranstaltung seitdem jährlich ab. Organisiert wird Halles Veganes Sommerfest von Vegan in Halle, einer Ortsgruppe vom Bund für Vegane Lebensweise (BVL). Die Veranstaltung, die vor zwei Jahren über 1000 Besucher verzeichnen konnte, richtet sich dabei stets an Menschen, die mit der veganen Lebensweise bisher nur wenige Berührungspunkte hatten.
Das Thema Veganismus ist aktueller als je zuvor und verbreitet sich – Tendenz steigend – in den verschiedenen Medien sowie dem darauf reagierenden Warenangebot und somit in der Gesellschaftsmitte. Dass vegan zu leben ethisch, gesundheitlich und ökologisch überzeugend sowie darüber hinaus auch immer einfacher umsetzbar ist, wollte das vegane Sommerfest mit seinem facettenreichen Angebot deutlich machen.

Ab 11 Uhr sorgten drei Bands dafür, dass die an diesem Tag über der Stadt hängenden dunklen Wolken schnell in Vergessenheit gerieten. Zwischen den musikalischen Einlagen wurde gekocht und die Bühne dafür zum kleinen Küchenstudio umfunktioniert. Das Publikum durfte die Kreationen wie Kichererbsenschnitzel und Mousse au Chocolat aus Avocados anschließend einem Geschmackstest unterziehen, der hörbar für gut befunden wurde. Parallel zum Bühnenprogramm gab es in dem mit ausreichend akustischem Abstand platzierten Vortragszelt Gesprächsrunden, beispielsweise zum Thema Tierethik; außerdem stellten sich lokal für das Tierwohl tätige Gruppen vor.
Die Beine vertreten konnten sich die Besucher zwischen den zahlreichen Verkaufs- und Informationsständen. Es gab quasi nichts, was es nicht gab. So sorgten die Stände diverser Tierrechtsorganisationen für Aufklärungsarbeit und das Stillen des Wissenshungers, während sich die unterschiedlichen Essensstände um das leibliche Wohl kümmerten und sich dabei zu wahren Besuchermagneten entwickelten. Die Auswahl fiel dabei wahrlich schwer zwischen einem von veganem Flammkuchen und Brat“vurst“ über nepalesisch zubereitetem Gemüse mit Chutney und Nachtisch in Form von Eis und Kuchen reichenden Angebot. Wer auf den Geschmack gekommen war, konnte einige vegane Produkte gleich für den eigenen Haushalt erwerben oder aber diese neben anderen Preisen bei der gut bestückten Tombola gewinnen.
Dass eine vegane und nachhaltige Lebensweise über die Beschäftigung mit Nahrungsmitteln hinausreicht, wurde beim Sommerfest an weiteren Ständen kreativ vermittelt: so denkt der Leipziger Hartmut Kiewert mit seinen gemalten Kunstwerken das Verhältnis zwischen Mensch und Tier in neuen Kontexten, während das Korkstudio Jena mit Arbeiten aus Kork Alternativen zu lederhaltigen Taschen und Geldbörsen aufzeigt.
Für Unterhaltung war auf dem veganen Sommerfest auch für die vielen kleinen Besucher gesorgt, die sich auf der Hüpfburg erfreuen und sich die Gesichter bemalen lassen konnten.

Ende gut, alles gut?
Das Wetter war zwar eher trüb, Halles Marktplatz an diesem Samstag dennoch durchgehend bunt. Die Essensstände, das Vortragszelt sowie die Tombola entwickelten sich zu den wohl bestbesuchten Angeboten, während die vielen Sitzplätze vor der Bühne mitunter etwas weniger besetzt waren, was hauptsächlich dem zwischendurch einsetzenden Regen geschuldet war.
Ein kleiner, aber wohl schwierig zu verhindernder Kritikpunkt betrifft zwei Süßspeisenstände, die ihre Verkaufsräume zur Marktmitte ausgerichtet hatten und so nicht deutlich als vom Sommerfest unabhängige und damit unvegane Angebote zu erkennen waren.
Bezogen auf den organisatorischen Aufwand, den ein solches Fest mit sich führt, stellt sich letztlich die Frage, wie effektiv ein derartiges Format zur Verbreitung der veganen Lebenseinstellung ist. An den eigenen Maßstäben gemessen, hat Halles Veganes Sommerfest sein Ziel realisiert, nämlich unter einer breiten Masse vor allem diejenigen ohne fundiertes Wissen zum Veganismus zu erreichen und ihnen die Thematik anschaulich näherzubringen – wenn auch der vegane Kuchen zur Mittagsstunde mitunter ansprechender und vor allem leichter verdaulich gewesen sein mag als das ausliegende Infomaterial. Halles Marktplatz mit seinem vor allem samstäglich großen Publikumsverkehr bietet für einen solchen Zweck den idealen Austragungsort, birgt zugleich jedoch das Risiko, dass eben jenes Laufpublikum sich nicht allzu viel Zeit nehmen kann oder möchte. Die Botschaft aus dem Herzen Halles an diesem Tag wurde dennoch deutlich: vegan zu leben ist einfach und gut – und so gelang auch das vegane Sommerfest im Ganzen einfach gut.
Gegen 19 Uhr wurden die Zelte dann nicht abgebrochen, aber abgebaut. Zwei Stunden später breitete die Abendsonne endlich ihre späten Strahlen über den verbleibenden Helfern aus. Die Kuh war schon vorher gegangen – aber natürlich nicht in den Stall. Dort würden Veganer sie am liebsten auch gar nicht mehr sehen.
Von Julia Liebetraut
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