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Ein Einblick in Urban Exploration

Eine verlassene Ruine, eine alte Fabrikhalle am Stadtrand, ein ehemaliges Krankenhaus- all das sind Orte, die eigentlich keine Menschenseele mehr zu sehen bekommt. Doch gerade das macht diese Orte so besonders und interessant für viele Menschen.

Daher wollen wir uns im heutigen dEinblick-Artikel mit dem Thema „Urban Exploration“ beschäftigen. Denn so wird das Erkunden von sogenannten „Lost Places“ und verschiedensten Einrichtungen des städtischen Raums genannt, die heutzutage ungenutzt sind. Meist werden solche Touren in privatem Rahmen gemacht und werden mittlerweile von zahlreichen Personen als Hobby ausgeübt.

Was begeistert an Urban Exploration so sehr?

Die Motivation dazu liegt zum Beispiel in der Dokumentation ebendieser Orte, die oft interessante historische und geschichtliche Hintergründe haben. Auch der Wunsch nach besonderen und einzigartigen Fotos die dort entstehen können lockt viele Künstler zu den vergessenen Orten. Natürlich kann auch die sportliche Herausforderung oder der Adrenalinkick den ein oder anderen begeistern.

„Die Verwilderung, die eintritt, wenn der Mensch mit so mancher Räumlichkeit nichts mehr anzufangen weiß, befreit den Geist und entspannt das Gemüt. Wo niemand mehr „Ordnung schafft“ fühlt man sich entlastet und frei.“

Claudia Klinger im Modersohn-Magazin 2006

Vorsicht! Die Gefahren dabei sind nicht zu unterschätzen.

Das Hobby birgt auch einige Gefahren, denen man sich bewusst sein sollte, bevor man sich an so einen Ort wagt. Nur selten gibt es Genehmigungen für den Zugang, sodass man in den meisten Fällen Hausfriedensbruch begeht, der allerdings nur auf Antrag des Besitzers weiterverfolgt wird. Daher bieten auch einige Organisationen wie die „Berliner Unterwelten“ geführte Touren an. Trotz der rechtlichen Problematik ist es wichtig zu erwähnen, dass die sogenannten „Urbexer“ sich klar von anderen Personen, die verlassene Orte verunstalten oder zerstören, abheben wollen, da dies nie ihr Ziel ist.

Weitere Gefahren können auch in den Orten selbst lauern. Teilweise sind die Gebäude einsturzgefährdet, es liegen nicht isolierte Stromquellen vor oder Gefahrstoffe (z.B. Gase) treten aus. Daher ist es immer wichtig, vor dem Ausflug jemandem Bescheid zu sagen, wo man sich aufhält und das nötige Equipment dabeizuhaben.

Interview mit einer Studentin

Trotz der genannten Risiken hat sich Urban Exploration als Hobby vieler Menschen durchgesetzt, so auch bei Mara, KMP-Studentin unserer Hochschule und geübte Urbexerin. Sie wird euch im nachfolgenden Interview weitere hilfreiche Tipps geben und ihre besonderen Erfahrungen teilen. Viel Spaß!

Mara, wie und wann bist du zu Urban Exploration gekommen?

Als ich mir eine Kamera gekauft habe. Da meinte meine Schwester zu mir, dass sie eine Dokumentation über Urban Exploration bei Galileo gesehen hat und sie gern jemanden kennen würde, der sich mit dem Thema beschäftigt.  Mich selbst hat das Thema auch sehr interessiert und damit angefangen habe ich dann 2017 nach dem Abi, als ich mir aus Langeweile neben dem Arbeiten neue Hobbys gesucht habe.

Was fasziniert dich daran?

Die Recherche und das Befassen mit der Geschichte der Gebäude, das Auffinden und teilweise lange Suchen und zu guter Letzt das Adrenalin, wenn man daran denkt, etwas Verbotenes zu tun. Und es gibt super Fotos.

Was war dein erster, erkundeter, verlassener Ort?

Ein kleines, fast komplett zerstörtes Bahnhofshaus in meiner Heimatstadt, das meistens von vielen Obdachlosen bewohnt wird. Das war schon etwas gefährlich.

Bist du noch einmal dorthin zurückgekehrt?

Ja, um bessere Bilder als beim ersten Mal zu machen. Da wurden wir von einem Drogendealer verfolgt.

Woher erfährst du von verlassenen Orten?

Entweder ich recherchiere selbst, teilweise stundenlang im Netz oder ich frage andere, die dieses Hobby teilen. Zum Beispiel bei Instagram oder in Facebook-Gruppen zum Adressenaustausch.

Wie viele Orte erkundest du pro Monat?

Das kann ich nicht sagen. Wie ich eben Zeit habe, manchmal auch einfach spontan, wenn ich etwas entdecke. Seit ich begonnen habe war ich so ungefähr an zwanzig verschiedenen Orten in verschiedenen Teilen der Region.

Wie viel Zeit investierst du?

 Schwer zu sagen, schon recht viel. Bei der Recherche, der Anreise, dem Entdecken an sich, was manchmal den ganzen Tag dauert, der Abreise und der Nachbereitung der Fotos kommt dann doch schon etwas zeitlicher Aufwand zusammen.

Was war der gruseligste Ort, an dem du warst?

Die Sophienheilstätte in Bad Berka in Thüringen. Das war einmal eine alte, im 19. Jahrhundert gegründete Tuberkulose-Klinik. Teilweise standen noch alte Arztgeräte herum und der Keller war stockdunkel. Zum Glück hatten wir eine große Polizeitaschenlampe dabei. Wir verbrachten wirklich viel Zeit dort, weil es ein großes Gebäude war. Die Klinik lag mitten im Wald und irgendwann wurde es dämmrig. Das war gruselig!

Gab es schon einmal einen Punkt, an dem du gedacht hast, du kommst nicht mehr heraus?

Nein, ich denke nicht. Einfach weil ich mir den Ausweg immer ziemlich gut merken kann und generell nie allein gehe.

Wie lange hältst du dich an einem Ort auf?

Kommt ganz auf die Größe des Lost Place an. Da können schon mal mehrere Stunden fix vorbei gehen. Ich denke aber der Durchschnitt liegt so bei zwei Stunden, da ich meistens auf einer Tour gleich mehrere Places erkunde, für die auch noch Zeit bleiben muss, bevor es dunkel wird.

Nimmst du neben Taschenlampen auch noch anderes Equipment mit, falls du irgendwo einmal nicht mehr herauskommst?

Meine Kamera, ein Stativ, festes Schuhwerk und eine Stirnlampe ist alles was ich mit dabeihabe. Manchmal eben auch noch die benannte Polizeilampe, aber ein Stativ hält zur Not auch einiges aus.

Als letzte Frage: Welches Land oder vielleicht sogar Länder reizen dich mit verlassenen Orten, welche du in Zukunft einmal besuchen möchtest?

In Belgien und Frankreich gibt es wunderschöne alte Maisonetten, die ziehen mich schon sehr in ihren Bann. Aber Japan hat auch wahnsinnig gute Lost Places zu bieten. Aber wer weiß, vielleicht gibt es an vielen anderen Orten auch noch eine Menge guter Orte, von denen ich nur noch nichts weiß.

Ein Beitrag von Alexandra Weis und Angelique Lauckner

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